Die Urangst zu vertrauen

Urangst zu vertrauen

Vertrauen gibt es auf verschiedenen Ebenen. Zunächst einmal ist das Vertrauen in mich selber, also das „Selbstvertrauen“ wichtig. Dies ist gleichzeitig die Grundlage für alle anderen Arten von Vertrauen. Meistens liegt dort der Ursprung für eine generelle Urangst zu vertrauen.

Vertrauen in mich


Unser Selbstvertrauen hat sehr viel damit zu tun, was wir uns zutrauen. Es ist ein Vertrauen in unsere eigenen Fähigkeiten. Sind wir überzeugt davon, Dinge gut machen zu können, glauben wir auch daran, mit Schwierigkeiten fertig zu werden. Mit der Haltung „es kann kommen, was will, ich schaffe das“ können wir gelassen und leicht durchs Leben gehen.

Leider lernen Kinder jedoch meistens schon früh, sich selber und dem eigenen Können nicht zu vertrauen. Sätze wie, „du bist noch zu klein, das kannst du nicht“ oder „nimm dir ein Beispiel an deinem Bruder, der konnte schon mit 4 Jahren fehlerfrei lesen“ brennen sich tief in die Kinderseele ein. 

Vor allem kleine Kinder können solche Aussagen noch nicht reflektieren und einordnen. Deshalb werden diese Informationen direkt in ihrem Unterbewusstsein abgespeichert. Das geschieht in der Regel verbunden mit einem Gefühl, zum Beispiel nicht gut genug zu sein. Wenn dann die nächste neue Herausforderung auftritt, ist dieses Gefühl sofort sehr präsent da. Es durchströmt den ganzen Körper und es ist einfach klar, „das kann ich nicht“.

Mädchen im BaumOft übernehmen wir solche Muster jedoch auch von unseren Eltern. Und diese haben es mitunter auch schon von ihren Eltern und Großeltern weitergereicht bekommen. Wenn niemand in der Familie sportlich war, werde ich das auch nicht sein können. 

Kinder, die ganz unbelastet in ihr Leben starten können, ohne diese sicherlich gutgemeinten familiären Prägungen, gehen ganz anders mit Herausforderungen um.

Ein Satz, den Pipi Langstrumpf, die in der Geschichte von Astrid Lindgren ja ohne Eltern aufwuchs, einmal sagte, bringt das perfekt zum Ausdruck:

„Ich habe das noch nie in meinem Leben gemacht. Deshalb bin ich ganz sicher, dass ich das schaffen werde!“

Sie hatte noch keine negativen Erfahrungen mit dieser Herausforderung und dazu ein sehr starkes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Vertrauen in andere

Das Vertrauen in sich selber ist auch die Grundlage für das Vertrauen in andere. Denn wie soll ich anderen Vertrauen, wenn ich kein Vertrauen zu mir selber habe?

Anderen zu vertrauen, ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, enttäuscht zu werden. Wir können
anderen „Gutes unterstellen“ und deshalb vertrauensvoll auf sie zugehen. Wenn ich aber das Gefühl habe, „anderen nicht gewachsen zu sein“, entstehen daraus Angst und schließlich auch Misstrauen. Auf dieser Urangst zu vertrauenBasis sammeln sich entsprechende Lebenssituationen, die die Berechtigung von Misstrauen bestätigen.

Es gibt noch einen weiteren Mechanismus, der zur Manifestation von fehlendem Vertrauen in andere führt. Oft basiert ein latentes Misstrauen auf schlechten Erfahrungen, die wir einmal gemacht haben. Kommen wir dann in eine ähnliche Situation, wirkt die Vergangenheit wie ein Trigger. Sofort sind die Bilder der erlebten Enttäuschung wieder da und unser innerer Kompass versucht, ein ähnliches Erlebnis zu vermeiden. Misstrauen wird auf diese Weise zu einer Art Schutzschild.

Mitunter macht sich das Gefühl breit, „ich kann niemandem vertrauen“. Dies kann vor allem Beziehungen sehr belasten. Denn ohne Vertrauen und zu Beginn sogar einfach mal einer Portion Vorschuss-Vertrauen geht es nicht. Fehlendes Vertrauen in den anderen ist kaum ein gutes Fundament für eine schöne Partnerschaft.

Wenn wir vertrauen, machen wir uns gleichzeitig verletzlich. Und das macht Angst. Umso wichtiger ist es, das Vertrauen in uns selbst zu stärken. Wenn wir tief in uns fühlen, dass wir mit jeder Lebensherausforderung fertig werden, gibt es auch einen Weg, wenn mit unserem Vertrauen einmal nicht achtsam umgegangen wurde.

Vertrauen ins Leben

Mit Vertrauen ins Leben meine ich ein Grundvertrauen, dass schon alles gut ist wie es kommt und ist. Damit anerkennen wir eine höhere Macht, die das Leben insgesamt lenkt und aus einer höheren Perspektive betrachtet.

In einer einzelnen begrenzten Situation mag es vielleicht gerade einmal nicht rund laufen. Für die größeren Zusammenhänge war dies aber möglicherweise sehr wichtig als Lernerfahrung und zur Weiterentwicklung.

Ich glaube es gibt fast in jedem Leben Zeiten, in denen das ganze bisherige Leben scheinbar zusammenbricht. Nichts, auf das man bis dahin gebaut und sich verlassen hat, bleibt einem. Im Extremfall kann es zum Beispiel quasi gleichzeitigVertrauen ins Leben zur Trennung vom Partner, zum Job- und zum Wohnungsverlust kommen. Es scheint sich alles gegen einen verschworen zu haben. Nichts klappt mehr im Leben und ein Ausweg ist nicht sichtbar.

Gerade in solchen Situationen ist ein Grundvertrauen ins Leben sehr wertvoll. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Es hilft, loszulassen. Manchmal müssen sich einfach die alten Strukturen zuerst ganz auflösen, bevor Neues entstehen kann.

Aber ich gebe zu, das klingt zwar ganz einfach. Wenn man mitten drin steckt im Chaos, noch kein Ausweg in Sicht ist und man sich absolut hilflos fühlt, fällt das Vertrauen ins Leben manchmal sehr schwer.

Stärkung des Vertrauens

Die Stärkung des Vertrauens ganz allgemein gelingt aus meiner Sicht in erster Linie über das Selbstvertrauen. Optimal ist es, wenn wir unsere Kinder von Anfang an dabei unterstützen, ein starkes Selbstvertrauen aufzubauen.

Aber selbst, wenn wir als Erwachsene bereits einiges an familiären Prägungen und eigenen Lebenserfahrungen, die zu Misstrauen in uns selbst, in andere und ins Leben geführt haben, mit uns tragen, gibt es Möglichkeiten, dies wieder loszulassen. Alles, was wir erkannt haben, können wir bewusst verändern. Anschließend ist der Weg frei, um mit Hilfe von neuen positiven Erfahrungen unser Selbstvertrauen aufzubauen und zu stärken.

Darüber hinaus können wir auch unser Vertrauen ins Leben unterstützen. Hilfreich dafür ist es, dass wir Schöpferkrafteinen Namen und ein Bild für eine übergeordnete Kraft haben. Im religiösen Bereich nennen wir diese Gott. Andere Zugänge sind die Bezeichnungen schöpferische Kraft, Schöpfer, universelle Kraft oder Quelle. 

Die Verbindung zu dieser höheren Macht nährt uns. Deshalb ist es wichtig, die Anbindung zu ihr immer zu erhalten. Dies kann zum Beispiel durch ein Gebet erreicht werden. Über unser Bewusstsein können wir aber ebenfalls in Verbindung mit der schöpferischen Kraft gehen. Wichtig dabei ist, dies auch zu fühlen. 

Das gilt auch für das Gebet. Wenn einfach nur die auswendig gelernten Wörter heruntergeleiert werden, wird das damit verbundene Anliegen kaum ankommen.

Vertrauen auf allen drei Ebenen läßt uns leicht durch das Leben gehen, selbst dann, wenn wieder einmal besondere Herausforderungen auf uns warten.

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