Ehrlichkeit – Parameter für Integrität
Ein wichtiger Parameter der Integrität ist die Ehrlichkeit. Darin steckt das Wort „Ehre“. Dies drückt einerseits die innere Würde aus, die ein Mensch sich selbst gegenüber empfindet. Andererseits bezeichnet es auch die Hochachtung, die jemand durch andere erfährt.
Ehre hat also viel mit einer inneren Haltung zu tun, die nach außen strahlt. Genauso ist es mit der Ehrlichkeit. Ein ehrlicher Mensch wird auch als aufrichtig bezeichnet. Er geht also aufrecht durch das Leben und steht für seine innere Haltung und seine Werte ein.
Ehrlichkeit zu mir selbst
Ehrlichkeit beginnt immer bei mir selber. Denn wenn ich nicht wirklich ehrlich zu mir bin, wie kann ich es dann anderen gegenüber sein?
Dies bedeutet einerseits, dass ich zu meinen Werten stehe und sie nicht über Bord werfe, wenn es unangenehm oder schwierig wird. Andererseits geht es auch darum, dass ich zum Beispiel meine Bedürfnisse und Wünsche wahrnehme, sie ernst nehme und ehrlich zum Ausdruck bringen kann.
Bin ich ehrlich zu mir selbst, ist es viel einfacher, auch zu anderen Menschen ehrlich zu sein.
Eine echte im Innern gelebte Ehrlichkeit ist zudem im Außen spürbar. Als ehrlicher Mensch bin ich glaubwürdiger für mein Umfeld.
Anpassung an das Umfeld
Schwierig kann es mit der Ehrlichkeit werden, sobald wir uns in einem Umfeld befinden, das andere Werte und andere Meinungen vertritt. In diesem Fall braucht es Mut, die eigenen Werte nicht zu verraten, sondern zu ihnen auch unter herausfordernden Bedingungen zu stehen.
Die Entscheidung, sich an das Umfeld anzupassen, beginnt häufig damit, lieber nichts zu sagen. Wenn wir bemerken, dass wir eine andere Haltung vertreten als die Mehrheit einer Gruppe, scheint es am einfachsten, lieber den Mund zu halten und sich nicht zu exponieren. Damit beginnt jedoch die Unehrlichkeit uns selbst gegenüber.
Meistens kommt irgendwann der Punkt, dass man das nicht mehr aushält. Es fühlt sich wie ein Verrat an der eigenen Integrität an. Wenn es möglich ist, empfiehlt es sich, sein Umfeld so zu wählen, dass es nicht völlig konträr zu den eigenen Einstellungen geht.
Manchmal ist es allerdings nicht so einfach, allen Menschen aus dem Weg zu gehen, die einem nicht gut tun. In diesem Fall ist ein guter Mittelweg gefragt. In manchen Situationen kann man sich gut zurückhalten mit Meinungsäußerungen oder bestimmten Menschen eher aus dem Weg gehen.
Andererseits ist es sehr wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein und zu den eigenen Werten zu stehen. Das kann aber auch ganz subtil geschehen und muss nicht unbedingt mit dem Holzhammer erfolgen. Meistens wirkt es viel tiefer auf andere Menschen, wenn unsere Werte und Haltungen im alltäglichen Tun wahrnehmbar sind. Lange Vorträge sind dagegen eher kontraproduktiv und fordern den Kampfgeist des Gegenübers heraus.
Die Notlüge als Schonung
Es gibt Situationen, in denen wir andere vor der Wahrheit schützen wollen. Das kann zum Beispiel eine vermeintlich schlimme Diagnose sein. Wir befürchten, dass das Aussprechen der Wahrheit jemanden verletzen könnte und deshalb muten wir sie dem anderen lieber nicht zu. Wir wollen ihm das Leben nicht unnötig schwer machen.
Damit entscheiden wir aber über jemand anderen und projizieren die eigene Angst auf ihn. Letztendlich trauen wir ihm nicht zu, mit der Wahrheit zurechtkommen und seinen eigenen Weg im Umgang damit zu finden.
Die Spanne von nichts sagen bis zu den sogenannten „Notlügen für einen guten Zweck“ lässt noch viel Spielraum. Oft beginnt es mit dem Verschweigen von Wissen, das den anderen betrifft. Eventuell werden wir nach und nach jedoch gezwungen, irgendwie Stellung zu beziehen. Daraus entsteht dann bald die gesellschaftlich meist sogar positiv gewertete Notlüge. Sie beginnt mit einem bisschen Schummeln und kann zu einer richtigen Illusionswelt ausgedehnt werden.
Manchmal entstehen daraus solche Verwirrungen, dass es irgendwann schwer fällt, sich in diesem nicht ehrlichen Geflecht nicht zu verlieren. In den allermeisten Fällen wird es irgendwann offensichtlich, dass Lügen bemüht wurden, um etwas nicht aussprechen zu müssen. Beim anderen führt das oft zu Enttäuschung, Unverständnis, Ärger, Wut und Traurigkeit.
Deshalb ist eine Notlüge langfristig nie erfolgreich und bringt letztendlich mehr Leid mit sich, als wenn wir dem anderen von vornherein die Wahrheit nicht vorenthalten hätten. Die Herausforderung in solchen Situationen ist es allerdings, das richtige Fingerspitzengefühl und eine angemessene Art und Weise im Umgang mit dem anderen zu finden.
Unsere Ehrlichkeit drückt dem anderen gegenüber aus, dass wir ihm zutrauen, seinen Lebensweg eigenverantwortlich zu gehen und auch diese vielleicht schwierige Phase zu meistern. Verbinden können wir das ja mit einem ehrlich gemeinten Hilfsangebot. Dabei überlassen wir aber dem anderen ebenfalls die völlig freie Wahl, es anzunehmen oder einen anderen Weg zu wählen.
Sei ehrlich und sag immer die Wahrheit!
Ehrlichkeit hat viel mit der Wahrheit zu tun. Eine wichtige Frage ist es für mich, ob wir die Wahrheit überhaupt erkennen können. Was ist eigentlich „Wahrheit“?
Wir können in der Regel unsere Ehrlichkeit nur an dem messen, was uns bewusst ist. Eine absolute Wahrheit ist für den einzelnen in der Regel nicht sichtbar. Denn jeder Mensch schaut durch die persönliche von seinen Prägungen, Erfahrungen, Glaubenssätzen und vielem mehr eingegrenzte Brille.
Dies bedeutet für mich, nach bestem Wissen und Gewissen ehrlich zu sein und die für mich erkennbare Wahrheit zu sagen.
Das hat wiederum auch mit dem Abgleich mit den eigenen Werten zu tun. Wenn ich mir meiner persönlichen Werte bewusst bin, meldet sich schnell das sogenannte schlechte Gewissen. Irgendetwas fühlt sich nicht gut an. Dauert eine Situation, in der ich nicht ehrlich bin, über längere Zeit an, kann das bis zu Krankheitssymptomen führen.
Mein Umgang mit Ehrlichkeit
Eigentlich habe ich schon immer sehr feine Sensoren für Ehrlichkeit gehabt. Vor allem, wenn ich einmal etwas gesagt oder getan habe, was nicht ganz ehrlich war, habe ich in mir sofort ein großes Unbehagen gespürt. Unehrlichkeit halte ich fast nicht aus.
Ich finde, wenn wir lernen auf die feinen Reaktionen unseres Körpers zu hören, ist es gar nicht so schwer, Ehrlichkeit zu leben. Wir müssen nur lernen, die Warnsignale möglichst schnell wahr und ernst zu nehmen. Über unser Herz können wir sehr gut spüren, was die Wahrheit ist.
Für mich ist deshalb der Weg zu maximaler Ehrlichkeit zum einen der Abgleich mit meinen Werten und andererseits die Wahrnehmungen über mein Herz.
Ich stehe zu meiner eigenen Haltung und zu der für mich erkennbaren Wahrheit. Dazu gehört in letzter Konsequenz auch der Verzicht auf ein Herausreden, Drumherumreden und auf ein Taktieren mit dem Ziel, das zu sagen, was andere vermeintlich erwarten oder hören wollen.
Artikelserie Integrität
Ursprünglichkeit – Erinnerung an Zuhause
Klarheit – Eindeutigkeit der eigenen Werte
Ehrlichkeit – Parameter für Integrität
Authentizität – ganz sich selbst sein
Vollkommenheit – die Schönheit der Schöpfung
Eigenverantwortung – mein Leben selbst in der Hand
Unerpressbarkeit – eigenen Werten verpflichtet
Manipulationslosigkeit – aktiv und passiv
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