Kompromisslosigkeit – Gewinn für beide Seiten
Ein Kompromiss gilt in der Regel als etwas Positives. Kompromisslosigkeit bewertet unsere Gesellschaft dagegen häufig negativ.
Oft heißt es, dass es in einer Beziehung nicht ohne Kompromisse geht. In Wirklichkeit verlieren jedoch meistens beide Seiten. Da jeder auf etwas verzichten muss, stimmt das Ergebnis für keinen der beiden Partner.
Kompromisslosigkeit als gesellschaftliches No-Go
Kompromisse werden in unserem Leben häufig erwartet. Für Kompromisslosigkeit gibt es Synonyme, die sie in ein sehr negatives Licht stellen. Hier sind einige Beispiele:
- Unerbittlichkeit
- Unbarmherzigkeit, Erbarmungslosigkeit
- Lieblosigkeit
- Hartherzigkeit
- Härte
- Unbeugsamkeit
- Grobheit
- Strenge
- Mitleidlosigkeit
Mit diesen Beschreibungen will niemand gerne in Verbindung gebracht werden. Deshalb bemühen wir uns, Kompromisse einzugehen in der Partnerschaft, im Berufsleben und im Gesellschaftsleben ganz allgemein. Dadurch zeigen wir dem anderen, dass wir nicht auf unserer absoluten Haltung beharren und bereit sind einen gemeinsamen Mittelweg zu finden.
Aber ist dieser Mittelweg wirklich ein Nutzen für beide Seiten?
Ein Kompromiss, der niemandem nützt
Vor kurzem habe ich mit meinem Mann einen Ausflug unternommen. Da ich die ganze Woche überwiegend am Schreibtisch gesessen hatte, habe ich mich auf eine Wanderung in unseren heimischen Bergen gefreut. Ich laufe sehr gerne, egal ob in der Ebene oder den Berg hinauf. Mein Mann geht zwar auch gerne in die Berge, die Ausdauer hat aber im Laufe der Jahre nachgelassen. Seine Leidenschaft ist das Kajakfahren auf Wildwasser, was mir zu gefährlich ist.
Nun hatte er einen Ausflug ganz in die Nähe vorgeschlagen mit Wandern und Sammeln von Heidelbeeren. Wir fuhren dann los und liefen vielleicht eine halbe Stunde, bis wir die Heidelbeeren gefunden hatten. Wir sammelten unsere mitgebrachten Dosen voll, jeder für sich.
Ich hatte mich vor allem auch auf das Miteinander gefreut, da wir uns während der Woche nur wenig gesehen hatten. Für mich fühlte sich das deshalb sehr enttäuschend an. Jeder von uns war mehrheitlich für sich, kein Reden miteinander und mein Bewegungsbedürfnis konnte ich ebenfalls nicht wirklich befriedigen. Auf der anderen Seite wirkte auch mein Mann nicht besonders zufrieden.
Deshalb habe ich ihn auf dem Rückweg darauf angesprochen. Er meinte daraufhin, dass er das mir zuliebe gemacht habe.
Diese Situation war also für uns beide nicht gut. Er machte etwas, was er nicht gerne tat. Meine Bedürfnisse nach Bewegung und Kommunikation miteinander konnten ebenfalls nicht erfüllt werden. Außerdem hatte ich gemerkt, dass er diesen gemeinsamen Ausflug nicht genoss. Damit fühlte ich mich zusätzlich ebenfalls nicht wohl.
Wir haben also beide im Grunde kostbare Lebenszeit verloren für einen sogenannten Kompromiss, der niemandem nutzte.
Sich ganz auf etwas einlassen
Es gibt Situationen im Leben, in denen Kompromisse nicht zum Erfolg führen würden. Manche Visionen und Projekte finden nicht ihren Weg in die Realität, wenn sich nicht jemand voll und ganz darauf einlässt, ohne Kompromisse.
Leidenschaftlichkeit und Rigorosität, die ebenfalls mit Kompromisslosigkeit in Verbindung stehen, sind wichtige Eigenschaften, um das anvisierte Ziel erreichen zu können. Kompromisse können in solchen Prozessen sogar sehr hinderlich sein.
In manchen Situationen ist es deshalb hilfreich, den optimalen Weg für seine Vision bzw. sein Projekt unerbittlich und unbeugsam zu gehen.
Eine kompromisslose Haltung kann große Energiereserven freisetzen und scheinbar unüberwindbare Hindernisse bewältigen. Diese Qualität benötigen wir, wenn radikale und nachhaltige Veränderungen angestrebt werden.
Um etwas bewegen zu können, brauchen wir für eine Vision, ein Projekt oder für den Aufbau eines Unternehmens in der Regel eine Kompromisslosigkeit, um erfolgreich zu sein. Nur wenn wir uns voll und ganz auf unser Ziel einlassen, können wir es erreichen.
Kompromisslosigkeit leben
Kompromisslosigkeit bedeutet mitunter auch, sich konsequent an seinen Werten zu orientieren. Dies kann eine Herausforderung sein, wenn das eigene Umfeld andere Wege geht. Ein Kompromiss hilft in diesem Fall nicht weiter.
Wir können unsere Werte leben oder nicht. Dazwischen gibt es keinen Spielraum. Wenn wir von dem abweichen, was wir in unserem tiefsten Inneren empfinden und glauben, wird uns das auf die Dauer nicht glücklich machen. Deshalb gehört für mich auch die Kompromisslosigkeit zu einem integren Leben.
Statt einen klassischen Kompromiss zu schließen, bei dem jede Seite etwas nachgibt, ist es sinnvoller, die gemeinsame Schnittmenge zu finden und sich darauf zu einigen. In einer Beziehung sollte niemand etwas nur dem anderen zuliebe tun. Wichtiger ist es, dass jeder herausfindet, was ihm oder ihr wirklich Freude macht. Und dafür ist jeder Mensch ohnehin ganz alleine selber zuständig und nicht der Partner. Daraus lassen sich dann echte Gemeinsamkeiten erkennen.
Wenn es um die eigene Integrität mit ihren Parametern wie Ehrlichkeit, Authentizität, Klarheit, Ursprünglichkeit oder Unerpressbarkeit geht, führen Kompromisse letztendlich zu Unehrlichkeit und Erpressbarkeit. Authentizität, Klarheit und Ursprünglichkeit gehen verloren.
Artikelserie „Integrität“
Ursprünglichkeit – Erinnerung an Zuhause
Klarheit – Eindeutigkeit der eigenen Werte
Ehrlichkeit -Parameter für Integrität
Authentizität – ganz sich selbst sein
Vollkommenheit – Schönheit der Schöpfung
Eigenverantwortung – mein Leben selbst in der Hand
Unerpressbarkeit – eigenen Werten verpflichtet
Manipulationslosigkeit – aktiv und passiv
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